Lehrermangel und Thüringens Lösung

irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich gar nicht mehr von den Tasten wegkomme. Mich hat heute ein Artikel in der OTZ sehr beschäftigt. Ich konnte nicht umhin, meine Meinung zum Lehrermangel und der von Thüringen avisierten Lösung abzugeben. Es gab verschiedene Äußerungen dazu. So weit, so gut. Da ich aber ja auch noch mehr zu tun habe, als den ganzen Tag bei FB anwesend zu sein, schaute ich erst am Abend wieder vorbei. Und ich muss sagen, mir wurde übel. 

Da gibt es doch tatsächlich sogenannte Neulehrer oder besser gesagt, solche, die sich gern als Neulehrer bezeichnen wollen, die sich da bei den Meinungen mit anderen einen derartigen Schlagabtausch liefern, der unter die Gürtellinie geht. Ja, ich sage es mal, wie ich darüber denke. Sie benehmen sie wie der letzte Pöbel und glauben, dass sie unseren Kindern was lernen können. Das macht mich ohnmächtig. Da wird gepöbelt nach der schönsten Art und Weise und gleichlaufend noch erwähnt, dass man schon seit einiger Zeit als Quereinsteiger vor Klassen steht. Liebe Leute, gibt es denn überhaupt kein Niveau und keine Schamesgrenzen mehr? Muss ich als derjenige, der in unserer Bildungslandschaft arbeitet, mich wie der letzte Gassenjunge oder-mädchen benehmen? Gibt es denn nichts mehr, was einem peinlich ist? Echt traurig. 

Und  nun zum eigentlichen Thema. Quereinsteiger an Schulen? Grundsätzlich ist es nicht ganz schlecht, Menschen in einem Beruf zu qualifizieren. Doch mal ganz ehrlich, ich kann doch nicht allen Ernstes so vermessen sein, zu glauben, dass ich, mag mein Fachwissen auch noch so gut sein, mich so einfach vor eine Klasse stelle und dann loslegen kann. Wer diese Ansicht vertritt, der steht für die Abschaffung des Lehramtsstudiums. Wofür brauchen wir in der Ausbildung dann noch Kenntnisse in Pädagogik, Psychologie (heute noch wichtiger als jemals zuvor), Methodik und Didaktik? Alles Unsinn? Wer glaubt eigentlich allen Ernstes, dass er sich als Quereinsteiger eine Meinung darüber bilden kann, ob ein Lehrer gut oder schlecht ist? 

Wenn ich mir das auf der Zunge zergehen lasse, komme ich ganz diskret zu der Meinung, dass diese Menschen entweder an einer latenten Selbstüberschätzung leiden oder sie mit einer derartigen Vermessenheit besetzt sind, dass es dafür kaum Worte gibt.

Fachliche Kompetenz besagt noch lange nicht, dass ich auch in der Lage bin, diese an andere weiterzugeben. Fakt. Welcher Schaden soll unserer Zukunft noch zugefügt werden. Da lernte ich als Lehrerin doch so was wie altersspezifische Psychlogie. Hat das auch ein Quereinsteiger? Dass kein Unterricht ausfällt, ist nur die eine Seite der Medaille. Dass aber mehr schlecht als gut gemacht wird mit derartigem Aktionismus, ist die andere Seite. Denn wie soll ich als Laie mich auf die jeweilige Altersgruppe einstellen, wenn ich davon keine Ahnung habe, keine Ahnung haben kann. Das fördert auf jeden Fall die Lernbereitschaft unserer Kinder, die ja bekanntlich 
Schule mittlerweile nur noch als notwendiges Übel ansehen. Wie kann ich auf einer soliden, pädagogischen Basis mit Eltern diskutieren, für ihre Kinder pädagogisch sinnvolle Lösungen finden, um das Kind nicht vielleicht in der Bildung zu verlieren. Wie stelle ich mich auf Kinder ein, die durch die Inklusion, die schon an sich ein Fehler ist, an eine sogenannte normale Schule kommen? Da fällt es schon einem Pädagogen, der keine sonderpädagogische Ausbildung besitzt, sich auf solche Besonderheiten, die diese Kinder nun mal besitzen, einzustellen.

Also liebe Quereinsteiger, bitte nicht ganz so selbstbewusst. 

Als Lehrerin, die mehr als 25 Jahre an der Front war, kann ich nur sagen: Es gibt nichts Schöneres, als jungen Menschen Wissen zu vermitteln, aber es ist mit einer der schwersten Berufe, weil man an vielen Fronten zu kämpfen hat. Ich liebe die Arbeit mit Kindern und vor allem jungen Menschen, musste selbst feststellen, dass meine Passion Jugendliche sind. Deswegen war ich auch an einer Berufsschule. Und mit Verlaub habe ich da viele Quereinsteiger kennen gelernt, die mehr als fehl am Platze waren. Sie waren, wenn ich das mal so sagen darf, Fachidioten. Das ist keine Beschimpfung, sonder eine Feststellung, da sie zwar in ihrem Fach echt gut waren, aber ihr Wissen nicht so weitergeben konnten, dass sie den Lernenden dieses verständlich vermitteln konnten. Zudem waren sie mit der Altersgruppe mehr als überfordert. 

Genug geschimpft. jetzt zu konstruktiven Lösungsansätzen.

Zum eine muss der Lehrerberuf wieder attraktiver gemacht werden, nicht nur finanziell, sonder vielmehr muss der Lehrer wieder mehr Achtung in der Gesellschaft erhalten. Zum anderen gibt es die Möglichkeit, dass interessierte und kompetente junge Menschen in einer verkürzten Zeit das Abitur in den Fächern ablegen, die sie für ihre Ausbildung brauchen. Auch die inhaltliche Ausstattung in den Naturwissenschaften kann im Studium dahingehend reduziert werden, dass den potentiellen Lehrern das Wissen vermittelt wird, das sie für einen Unterricht bis Klasse 12 benötigen. Dazu könnte man wieder zu einer Studiendauer von vier Jahren übergehen, aber bitte mit entsprechender praktischer Übungsphasen, so wie jetzt schon an diversen Unis wieder eingeführt. 

 

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Kerstin Schulz