Da gehe ich jeden Tag am Nachmittag mit meinem Hund spazieren. Wir haben eine neue Runde entdeckt. Sie führt uns direkt in die Natur. Vorbei geht es erst einmal an kleinen Gärten. Liebevoll werden sie jetzt wieder von den Besitzern zum Erstrahlen gebracht. Dann müssen wir eine Unterführung durchqueren. Haben wir das geschafft, beginnt Natur pur. Und was gibt es für weibliche Wesen Schöneres als Pferde. So ist es auch bei mir. Der Duft von blühenden Stäuchern lässt mich eintauchen in eine heile und stressfreie Welt. Ich lasse den Hund von der Leine. Er rennt über die Wiese und ich genieße einfach nur das, was um mich herum ist. Da gehe ich vorbei an gepflegten Anwesen, die verraten, dass hier gut betuchte Leute wohnen. Oft bleibe ich auch stehen und stelle mir vor, wie diese Menschen wohl aussehen mögen. Vor der Tür steht ein großer Audi oder auch ein BMW. Wer mag hier wohl wohnen. Der Eingang ist offen. Schon fast bin ich dazu geneigt, dass ich dieses Grundstück betreten möchte. Doch ich zügele mich. 

Das nächste Grundstück ist von einem elektrischen Tor gesichert. Bedrohlich schaut die Überwachungskamera auf mich herab. Keine Sorge, ich habe keine bösen Absichten, will einfach nur mal träumen, meiner Phantasie freien Lauf lassen.

Und da wird es mir noch einmal so richtig bewusst: Der Duft des Frühlings ist unvergleichlich. Hin und wieder überholen mich Jogger. Ach ja, da war doch noch etwas. Darüber hatte ich mir doch schon meine Gedanken gemacht. Frühling, Sommer, Strand und Modelmaße. 

Entspannt laufe ich weiter. Auf der rechten Seite sehe ich dei Pferde, die in ihrer Koppel hin und her rennen. Und da, da stehen zwei, die ihre Köpfe aneinander reiben. WArum wohl? Das hatte ich wohl schon fast aus meinem Gedankengut vertrieben. Zum Frühling gehört die Liebe. 

Liebe und Frühling. Frühling und Neuanfang. Das alles gehört zusammen. Für mich scheint es aber da eine Ausnahme zu geben. Wie war das noch mal: Wer sich da nicht einbringen kann, sollte mal darüber nachdenken, ob Mann oder Frau nicht eventuell beziehungsunfähig ist. Guter Ansatz. Doch mich schrecken solche Gedanken immer ab. Wieso soll gerade ich beziehungsunfähig sein. Es könnte doch auch sein, dass es die anderen sind und gerade ich immer an diese Menschen gerate. Der Gedanke gefällt mir auf jedne Fall besser, als die Auseinadesetzung mit der Frage, ob und warum ICH beziehungsunfähig sein soll. Die Tiere scheinen in mir den Neidfaktor in Sachen Liebe wecken zu wollen. Gelingt ihnen aber nicht. Oder doch? Was sehe ich denn da in der Wiese. Da hat doch der kleine Macho von Hund eine hübsche Hundedame am Wickel. 

Also auch er hat sich verliebt. Und was ist mit mir? Ich stolpere immer noch allein durch die Welt, suche meinen Mr. Right.

Ob es wohl stimmt, dass er für mich erst noch gebacken werden muss. Eigentlich will ich jetzt gar nicht weiter darüber nachdenken. Doch so ganz hinterhältig meldet sich da jemand in meinem Kopf. Ach, stimmt. Das Gewissen. Das ist auch noch da. Und was flüstert es mir zu.

"Sei doch nicht so anspruchsvoll."

"Warum denn nicht?", kontere ich und richte dabei auf. Brust raus, Bauch rein, Haltung annehmen.

"Ich will mich nicht mehr mit allem zufrieden geben", knurre ich mein Gewissen an.

"Und wie soll er sein, dein Mr. Right?"

"Hmm. Da habe ich schon ganz konkrete Vorstellungen", führe ich meinen inneren Dialog fort.

Und nun fange ich an und zähle auf: "Also pass mal auf. Er soll groß sein. Schleißlich trage ich gern hohe Schuhe. Er soll eine angenehme Stimme haben. Seine Augen müssen mich verzaubern können. Beim Lachen darf er ruhig Grübchen haben. Das finde ich sexy."

Mit einem träumerischen und wohlwissenden Lächeln begebe ich mich an die Koppel um den Pferden wieter zuzuschauen.

"Und weiter", nervt mich da meine innere Stimme.

Und ich antworte ihr: "Er soll gepflegt aussehen und auch einen sportlichen Körper haben. Ja du weißt doch, ich stehe auf Muskeln."

Mit einem süffisanten Lächeln erzähle ich meiner Seele weiter: "Und dann lege ich großen Wert auf einen knackigen Po. Ich liebe solche Pos. Aber das weißt du schon."

Das sind die Ansprüche an sein Äußeres. Das ist aber noch längst nicht alles. 

"Da wäre noch der IQ. Er sollte zumindest mit mir mithalten können. Sonst wird er ganz schnell langweilig für mich und ich kann ihn nicht mehr achten. Will ich doch zu einem Mann nicht mur bei seiner Größe zu ihm aufschauen können."

Eine Weile überlege ich, ob ich nun alles aufgelistet habe. Schon fast im Begriff gehen zu wollen, fällt mir noch ein wesentlicher Punkt ein.

"Du, liebes Gewissen, ich glaube, ich habe einen wesentlichen Punkt total außer Acht gelassen."

"Der da wäre?"

"Eines will ich ganz bestimmt nicht mehr. Ich will nicht mehr die Amme für ein männliches Wesen sein. Mr. Right muss mir auch was bieten können. Wenn es um mein Verwöhnprogramm geht, bin ich für alles offen, wenn es nur mir gut tut. Weißt du, was ich damit meine?"

"Ich glaube schon", kommt da von innen heraus die Antwort. 

Mit einem wohlwissenden und zufriedenen Lächeln auf den Lippen gehe ich mit meinem treuen Begleiter weiter. Ach, schau mal. Hier blühen die Kastanien. Rechts und links von uns zeigt sich die Natur mit all ihrer Pracht. Fehlt mir dazu nur noch der Mensch an meiner Seite, der das auch mit mir teilt.

Das alles kommt euch bekannt vor. Dann seid ihr wie ich Single und auf der Suche. Vergesst aber nicht, ihr seid nicht zu anspruchsvoll, denn mein Gewissen hat mir trotz aller Bedenken recht gegeben. Es liegt an Mr. Right. Er hat euch noch nicht gefunden.