Leben im ländllichen Raum

Sterben unsere landwirtschaftlichen Betriebe zugunsten von Billigwaren?

Ein Artikel in der heutigen OTZ hat mich heute sehr stutzig gemacht. 

Sicher ist es kein neues Problem, doch im Zeitalter der bewussten Ernährung, des hoch angebundenen Umweltschutzes ist es mir ein Rätsel, dass noch immer die Bauern unter den Billigpreisen der Discounter leiden. 

Am Ende des Artikels war ich sogar etwas sauer. Warum greifen die Bauern nicht endlich zur Selbsthilfe. Selbstvermarkter heißt für mich das Zauberwort. Hofladen mit kleinen, aber sehr speziellen Events sollten doch die Verbraucher überzeugen können. 

Meine Idee: Ich bleibe beim Beispiel der Milch, wie im Artikel beschrieben. Ich würde Milch direkt vermarkten. Pro Liter 0,70 € wäre schon mal das Doppelte für die Bauern. Diese Milch hat dann noch den vollen Fettgehalt und schmeckt nach Milch und nicht nach gefärbten Wasser.

Fleisch könnte im Hofladen verkauft werden und aus der Milch lässt sich eine hervorragende Butter selbst herstellen. Wer die schon mal gegessen hat, isst keine Butter mehr aus dem Supermarkt. So weit, so gut.

Und wie das Schicksal es wollte, konnte ich heute mit einem Bauern direkt darüber sprechen. Ich legte ihm meine Überlegungen dar. Er lächelte. Mitleidig? Warum? 

Und nun kommt seine Version. 

Menschen sind nicht bereit, einen höheren Preis für gute Qualität zu bezahlen. Sie wollen lieber 4 Rouladen aus dem Supermarkt, statt 2 vom Bauern, dessen Tiere artgerecht gehalten werden, den ganzen Sommer auf der Weide verbringen und nicht mit Medikamenten vollgepumpt sind.

In meinen Augen nur Fragezeichen. Außerdem berichtete er mir über Beispiele aus seinem nahen Umkreis, wo Bauern genau meine Vorschläge versucht haben, umzusetzen und kläglich gescheitert sind.

Das hat mich zugegebenermaßen sehr beschäftigt.

Sind wir im Laufe der Zeit so abgestumpft, dass es uns egal ist, was wir essen? Die Begründung, dass die Menschen gerade in unserer Gegend nicht so viel Geld haben, um sich hochwertige Lebensmittel zu kaufen, lasse ich nicht gelten. Warum? Es ist doch besser, etwas mehr Geld für gesundes Essen auszugeben als massenhaft Ungesundes in sich hineinzustopfen. Für mich ist das eine Ausrede.

Was ich in unserer Gegend viel eher als Problem sehe, ist ein kleinkariertes Denken. Man gönnt dem verhassten Nachbarn nicht, dass er durch seine Hände Arbeit Geld verdient. "Ich werfe dem doch nicht mein Geld in den Rachen, dass der reich wird." Das ist vielleicht ein weit verbreitetes Denken. Dass man sich damit nur selbst schadet, so weit reicht das Denken in diesem Moment nicht, und falls doch, dann bleibt man seiner Auffassung treu. Stur bis zum Abwinken.

Das Resultat dieses Vorgehens - niedrige Preise über die Discounter, Hofläden bzw. Direktvermarkter, die nicht angenommen werden - lassen unsere Höfe gnadenlos zugrunde gehen. Fleisch und Milch werden importiert. Welch ein Schwachsinn!

Wann beginnen die Menschen endlich wieder umzudenken?

Meine Großeltern waren Bauern. Ich weiß, wie frisch gemolkene Milch schmeckt, wie der Kakao daraus schmeckt, wie eine frische Schnitte Brot mit selbst hergestellter Butter schmeckt, etwas Salz darauf, mehr braucht man nicht. 

Ich bezahle 2,50€ für meinen 10er Pack Eier, weil ich sehe, wie die Hühner leben, sie sind den ganzen Tag draußen. Das schmeckt man. 

Wisst ihr eigentlich, was gerade wir als Landbevölkerung für einen Luxus tagtäglich genießen können, wenn wir es nur wollen? 

Milch, direkt vom Hersteller, frische Butter, die alles noch enthalten und nicht bis aufs Notwendigste entrahmt wurde, das könnten wir jeden Tag genießen. Doch wir verzichten auf Luxus und ziehen den Lebensmittelmüll vor. Das ist doch krank. Oder nicht?

Ich für mich werde versuchen, noch mehr unsere heimische Landwirtschaft zu unterstützen, um im Lebensmittelluxus zu schwelgen. 

Vielleicht gelingt es mir mit diesem Artikel einige Leser zum Umdenken zu animieren. 

Unser Luxus heißt nicht Gucci oder Armani. Unser Luxus heißt hochwertige Lebensmittel direkt vom Bauern ohne Zwischenhändler, ohne Zusätze von Chemie. Das tut uns und unseren Familien gut. 

Lasst uns IT- Families werden beim Genuss von Lebensmitteln. Nicht Masse, besser Klasse. In jedem first class Restaurant ist das Essen auf dem Teller sehr übersichtlich angerichtet. Denkt mal darüber nach. 

 

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Kerstin Schulz