Auf das Positive konzentrieren und nicht immer das Negative sehen

Arroganz, Bürgerstolz oder Unvermögen

Es ist meine Heimatstadt. Und ja, ich liebe sie. Doch was in den letzten 30 Jahren passierte und noch immer unter den Teppich gekehrt wird, macht mich sauer.

Da gibt es einige selbsternannte Retter, die meinen, sie wüssten, was gut und richtig für die Stadt ist. Doch wehe demjenigen, der anderer Meinung ist. Der hat es ver... aber bis in die Steinzeit. 

Mir wurde heute sogar Klugheit abgesprochen bzw mangelnde Intelligenz unterstellt. Schon der Hammer. Der eine wird angezählt, weil er gelinde gesagt, ziemlich hart in seinem Umgang ist. Doch ich habe es auf die nette und höfliche Art getan. Ergebnis gleich.

Wo mangelt es in dieser eigentlich schönen Stadt? Ich versuche mal einen Anfang zu finden.

Die Wende brachte den totalen Einbruch der Industrie, hier Textilindustrie. Zudem wird immer gejammert, dass Greiz weit weg von der Autobahn liegt. Käse.

Alteigentümer, die sich gemeldet haben, wurden verprellt. Und der Weg zur Autobahn? Aber wer kann denn wirklich an dieses Märchen noch glauben? Ich lebe hier in NRW. Autobahnanschluss direkt in der Nähe? Na klar. Doch wie lange brauche ich denn wirklich bis zur Autobahn? Nicht länger, als wenn ich von Greiz aus starte. 

Jugend lief in Scharen davon. Warum? Als meine Kinder noch im Teeniealter waren, hatte ich keine Probleme, dass sie eine vernünftige Freizeitgestaltung finden konnten. Sicher waren sie auch über die evangelische Kirche sehr involviert, dennoch muss ich sagen, dass durch den Weggang der Jungen und Engagierter Vieles auf der Strecke geblieben ist. Da agb es freitags bei den Babis, wie die Babtisten liebevoll genannt wurden, richtig tolle Musik. Ich fuhr ständig eher zum Abholen, weil selbst mich die Musik und die Stimmung inspiriert hat. Der Pfarrer ging und mit ihm die Musik. Ende und Aus. Weiter im Text. Heilig Abend in Pohlitz. Die kleine Kirche brach fast auseinander, weil die junge Gemeinde einen late night Gottesdienst MIT NIVEAU veranstaltet hat. All das ist Geschichte. Die Jugendlichen sind weg und der Nachwuchs fehlt. 

Das alles ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die Jugend war gezwungen zu gehen, denn sie hatten keine Möglichkeit, sich ein Leben aufzubauen. Dazu gehört nun mal eine Arbeit. Dass kurz nach der Wende alles zusammengebrochen ist, ist doch nicht das Problem. Dass man auch mal Investoren auf den Leim geht, die hochgradig kriminell sind, kann auch passieren, zumal kurz nach der Wende, als wir noch auf dem Ponyhof lebten und gar keine Ahnung hatten, wie man aufs Kreuz gelegt werden kann. Doch dauert das 30 Jahre? Lamentierend wird mir immer wieder aufgezeigt, dass es auch anderen Städten und Gemeinden in Ostdeutschland so geht. Immer wieder werde ich darauf aufmerksam gemacht, dass es auch andere Städte gibt, die solche Sauecken haben, wie oben auf den beiden Fotos zu sehen. Ich werde belehrt, dass ich keine Ahnung habe, wie es in Greiz läuft, weil ich ja woanders lebe. Und all diese Argumente gehen mir mächtig gegen den Strich.

Hat sich mal einer auf die Socken gemacht und sich an solchen Städten und Gemeinden orientiert, bei denen es anfänglich ähnlich lief, die es aber geschafft haben und sich aus dem Dreck gezogen haben, denen es gelungen ist, neue Gewerbeflächen zu schaffen, um klein- und mittelständischen Unternehmen eine neue Heimat zu geben? 

Stattdessen geht der Krieg der Stadträte in eine immer neuere Runde. Menschen, die mal ganz klar und deutlich sagen, was den meisten Greizern auf dem Herzen liegt, werden ständig ins Visier genommen. Ich streite nicht ab, dass dieser Ton manchmal mehr als rüde war und ist. Das gefällt mir auch nicht, egal wie die Begrünsung dazu ausfällt.

Schaue ich mich bei FB um, gibt es unzählige Gruppen für Greiz, angefangen von einer BI bis hin zu Initiative Neustadt. Trutzkau Thüringen lässt grüßen. Doch dass sich alle maöl an einen Tisch setzen, das wird wohl ein frommer Wunsch bleiben. Und genau deswegen werden auch immer mehr Menschen dieser eigentlich malerisch gelegenen Stadt den Rücken kehren. Genug sind schon verprellt worden. 

Dass dieser Artikel von den Lesern nicht unkommentiert bleiben wird, ist mir klar. Ich werde wieder Anfeindungen ausgesetzt sein, die mich fragen, was ich denn selbst tue, um die Stadt nach vorn zu bringen. 

Und dazu sage ich jetzt Folgendes: Ich bin nicht in der Pflicht, aktiv zu werden. Dafür gibt es die Volksvertreter. Außerdem zeigt mir das Verhalten einiger Greizer, dass jedwede Idee in Grund und Boden gestampft wird, weil vielleicht die Nase nicht passt.

Zum anderen sollte man das Ehrenamt nicht höher stellen als die Schaffung neuer Arbeitsplätze. So kann Ehrenamt auch Arbeitsplätze zerstören. Weil man ja zu den Gutmenschen gehört, macht man sich darüber keine Sorgen.

Egal, was man auch für Argumente anbringt, welche Verbesserungen man vorschlägt, alles wird abgeschmettert.

Deswegen werde ich mich ab sofort nur noch den Dingen widmen, die meine Zeit auch verdienen. Dafür gibt es schon mal eine Vorschau: Der nächste Artikel beschäftigt sich mit der Jugend und neuen Möglichkeiten für deren Freizeitbeschäftigung. 

Vieles mag ich jetzt hier nicht geschrieben haben, denn die besten Ideen kommen mir immer, wenn ich Auto fahre, doch da kann ich nicht schreiben. Das muss sich ändern.

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Kerstin Schulz