Einwohnerversammlung in Greiz

Meine Meinung

Nachdem ich gestern die Einwohnerversammlung beschrieben habe - und nichts anderes war es - werde ich heute versuchen, meine Meinung und Emotionen geordnet in Worte zu fassen. Leicht wird es nicht.

Warum? Ganz einfach, weil ich mich nicht zu derlei verbalen Entgleisungen hinreißen lassen möchte, wie es heute in unserer Gesellschaft normal ist. Der respektlose  Umgang der Menschen miteinander stört mich massiv. Deswegen werde ich meine Meinung wohldosiert formulieren. Schon zu Beginn möchte ich ganz deutlich zum Ausdruck bringen, dass ich niemanden beleidigen möchte. Sollte sich ein Leser persönlich diffamiert fühlen darf er mir das gern mitteilen, und wir werden es dann gemeinsam respektvoll diskutieren.

Schon der Anfang war ziemlich misslungen. Zu wenig Plätze, weil man nicht mit so vielen Interessenten gerechnet hat? Hm, also das kann man nun verschieden interpretieren. Hoffte man, dass man sich keinen kritischen Fragen stellen müsste? Oder hat man ganz einfach nur unterschätzt, dass die Greizer sich auch mal abends aus ihrer Komfortzone herausbewegt? Ich kann weder das eine noch das andere mit Gewissheit sagen. Meiner Meinung nach hätte man im Vorfeld lieber einen größeren Raum buchen sollen. Besser freie Plätze als geschichtet wie bei Tetris. 

Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube schon, dass es im Greizer Rathaus moderne Technik gibt. Das an die Strippe gelegte antiquierte Mikro hat sofort das Niveau gedrückt. Das wäre nicht nötig gewesen. Und wenn ich schon dabei bin, wo war das zweite Mikro für die Bürger? 

Wäre ich bösartig, würde ich diese Missausstattung als Missachtung der Gäste, der Bürger interpretieren. Doch ich an Stelle des BMs wäre sauer auf mein Team Technik. Denn diese Vorbereitung hatte enorme Luft nach oben, um so einer Veranstaltung den Hauch von Qualität zu geben. Ich hatte das Gefühl, dass es dem BM zunehmend bewusst wurde, dass die Veranstaltung in einem Desaster enden würde, was sich leider im Nachgang auch bestätigte, das ich keinesfalls dem BM zulasten legen möchte. 

Ich werde jetzt nicht noch einmal darauf eingehen, wie ich die non-verbale Kommunikation des BMs interpretiere. 

Was mich fast noch mehr gestört hat als die mangelnde Organisation und die Lobhudelei, war das Benehmen mancher Greizer Bürger. Da springt eine Pädagogin nach vorn und zieht vom Leder zu einer Thematik, die nichts mit der Einwohnerversammlung zu tun hatte. Es geht nicht um die angesprochene Thematik. Es geht darum, dass das, was sie sagte, an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt nichts verloren hatte. Als Deutschlehrer fällt mir dazu nur ein: Thema verfehlt, setzen, 6...

Die Performance dieser Dame war ein absolutes No-go. Wie kann ich mir als Bürer der Stadt herausnehmen, in Gegenwart des noch amtierenden BMs aus einer Einwohnerversammlung eine Wahlkampfveranstaltung zu machen. Eine größere Respektlosigkeit habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt. 

Ich kann ja durchaus mit einem BM oder dem amtierenden Stadtrat nicht zufrieden sein. Das ist die eine Seite. Darum geht es auch nicht. Nichtsdestotrotz ist Herr Schulze gewählter Bürgermeister der Stadt Greiz. Und in dieser Funktion hat er Respekt verdient. Mit seiner Arbeit nicht zufrieden zu sein, ist eine ganz andere Sache. Dass er dann der Dame das Mikro entrissen hat, war die einzig logische und richtige Konsequenz. Das hatte nicht einmal ansatzweise etwas mit Meinungsfreiheit oder mangelnder Meinungsfreiheit zu tun. Ich habe mich als Greizer Bürgerin geschämt. 

Was mir aber noch weniger nachvollziehbar war, es haben sich dieser Dame Greizer Bürger angeschlossen. Entsetzlich, was mittlerweile für ein Benehmen in unserer Gesellschaft vorherrscht. Unglaublich. Dass nach diesem Vorfall die Fragestunde abgebrochen wurde, ist für mich nachvollziehbar. Ich hätte mich ehrlich gewundert, wenn diese Peinlichkeit fortgeführt worden wäre. 

Eine ebenso tragische Figur war Herr Magdeburg. Auch hier zeigten sich Greizer Bürger von ihrer schlechtesten Seite. Wie kann man schon aufstehen, wenn noch jemand referiert? Ob man das Angebot des runden Tisches annimmt oder nicht, hat nichts mit Anstand und Respekt zu tun.

Wenn ich jetzt dieses traurigen Abend zusammenfasse, stellt sich bei mir folgendes Fazit ein: gute Absicht, schlecht umgesetzt. Angemessenes Benehmen ist bei manchen Menschen nicht einmal Glückssache. Mich haben auch andere Gäste noch darauf hingewiesen, dass die Zeit sehr unglücklich gewählt war, da die meisten Unternehmer zu dieser Zeit gar nicht kommen konnten. Ob das wirklich so ist? Ich weiß es nicht. 

Sicher wäre es wünschenswert, mehr Einwohnerversammlungen zu organisieren. Doch so unmittelbar vor den Wahlen das erste Mal? Mag sich jeder seine Gedanken dazu machen. Ich habe mir vorgenommen, dass ich mir so etwas maximal nur noch ein einziges Mal antun werde, da ich weder eine feuchte Wohnung habe noch Langeweile.

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Kerstin Schulz