George Tenner: "Nacht über der Insel"

Lasse Larsson kämpft in seinem vierten Fall gegen den Neonationalismus

Bibliographische Angaben:

  • ·         erschienen 2012 im Schardt Verlag Oldenburg
  • ·         umfasst 268 Seiten

 

Zum Autor: 

Der Autor George Tenner wurde 1939 in der Umgebung von Dresden geboren. Er wurde schon früh von bedeutenden Autoren beeinflusst, da er aus einem künstlerisch beeinflussten Haushalt entstammt. Mit der Gnadenlosigkeit des DDR-Regimes machte er in den 60ern Bekanntschaft. Sein Fluchtversuch brachte ihm eine mehrmonatige Haft ein. Dennoch wiederholte er sein Unterfangen und erfolgreich überwand er 1966 den eisernen Vorhang.

Vielleicht auch durch seine eigenen Erfahrungen beeinflusst, galt sein Interesse von da an den Geheimdiensten. Dieses Interesse spiegelt sich in seinem ersten Roman wieder, der 1982 erschien.

Seine journalistische Tätigkeit übte er mehr als 25 Jahre aus. Doch seine Liebe zum Schreiben hat er dabei nie aus den Augen gelassen und widmet sich heute fast ausschließlich nur noch der Autorentätigkeit.

 

Inhalt kurz gefasst:

George Tenner liefert mit dem Krimi „Nacht über der Insel“ seinen vierten Insel-Krimi. Schauplatz ist wie auch schon in seinen vorherigen Krimis die Insel Usedom. Scheinbar harmlos beginnt die Handlung mit einem unvermittelten Einstieg in einen Ausflug einer Gruppe Physiker am Himmelfahrtstag 2004. Sie werden jedoch Zeugen eines Flugzeugabsturzes, der sich nicht als Unfall herausstellen soll. Sein dem Leser bekannter Kommissar Lasse Larsson wird an die Unglücksstelle gerufen, um mit seinen Ermittlungen zu beginnen. Die Ermittlungen führen den Kommissar nach Polen und in die Neonaziszene Polens und Deutschlands.

Doch bevor Larsson in die Ermittlungen eintritt, erhält der Leser noch historische Hintergrundinformationen, die sich sowohl mit den letzten Kriegstagen als auch mit den ersten Monaten nach der Beendigung des zweiten Weltkrieges befassen.

Die Auseinandersetzung mit neonazistischen Erscheinungen in Nordeuropa ist eine recht heikle Thematik. Tenner beleuchtet die Gefahren dieser Gruppierung von verschiedenen Seiten eingebettet in die Ermittlungen zur Lösung eines Verbrechens. Dem Leser wird einmal mehr klar, welche Gefahren von diesen gut strukturierten Gruppen ausgehen und wie sie rücksichtslos alles und jeden aus dem Weg schaffen, der ihren Zielen im Weg steht. Dabei lässt George Tenner aber auch seinen Ermittler als Mensch nicht ungeachtet. So ist Lasse Larsson nicht nur Kommissar sondern auch Mann, der in einer Beziehung lebt, die durch seinen Beruf auf die Probe gestellt wird.

 

Sprachliche Gestaltung und Cover:

Der neue Krimi von George Tenner ist keine Literatur, die man so zwischen Tür und Angel liest. Sowohl sprachlich als auch inhaltlich bietet er dem Leser hochwertige Literatur an. Ebenso wagt er sich mit seiner Thematik an ein immer noch heikles Thema in unserer Gesellschaft auf. Teilweise sehr umfassende Sätze grenzen die Zielgruppe dieses neuen Buches ein.

Das gewählte Cover des Buches zeigt dem Leser fast stichpunktartig, um was es sich in diesem neuen Krimi handelt. Wer schon einen Fall Lasse Larssons kennt, ist sofort auf die kommende Handlung eingestimmt. Der Erstleser wird im Gegensatz dazu neugierig gemacht, diese einem Puzzle ähnlichen Bilder zusammenzufügen.

Der Lesefluss wird etwas erschwert durch die Einbindung der polnischen Namen. Den meisten Lesern wird es schwer fallen, diese zu erfassen, aber dennoch notwendiges Gestaltungsmittel. Die Dialoge sind eher umgangssprachlich geschrieben, was die Identifizierung mit den handelnden Personen gewährleistet. 

 

Eigene Meinung

Der unvermittelte Einstieg wirft beim Leser die Frage auf, was der Flugzeugabsturz mit dem Fall zu hat. Sehr schnell jedoch schließt sich hier der Kreis. Gelungener Spannungsaufbau. Etwas gewöhnungsbedürftig empfand ich jedoch den Sprung zurück in die Vergangenheit. Doch diesen Teil zu lesen ist wichtig für das Gesamtverständnis des Krimis. Für mich war der Krimi am Anfang etwas eigenwillig geschrieben, dennoch ist es ein Vergnügen sich mit der Sprache Georg Tenners anzufreunden. Hat man den neuen Roman zu Ende gelesen, wird dem Rezipienten schnell bewusst, dass ein solcher Krimi eine gute Recherche im Umfeld des Nationalsozialismus voraussetzt. Der Autor hat hier sein fundiertes Wissen in belletristischer Form verarbeitet und an den Leser weiter vermittelt.

Die Wahl des Titels „Nacht über der Insel“ habe ich gut in Verbindung bringen können mit dem schwärzesten Kapitel deutscher Geschichte, dem Nationalsozialismus bis 1945, der uns auch heute wieder beschäftigt. Man mag es für sentimental halten, doch die Ansiedlung eines solchen Krimis rund um die Kaiserbäder, wo Menschen Erholung suchen scheint zwar anfänglich ein Bruch zu sein, dennoch ist gerade dieser Schauplatz geeignet, diese Untergrundgruppe zu beherbergen.

Mit einem Satz kann man sagen, Thematik, Wahl des Schauplatzes und sprachliche Umsetzung sind ein gelungenes Ganzes.

 

Reaktion auf meine Rezension

Gestern habe ich meine Rezension zu George Tenners neuesten Krimi fertig gestellt. Auch an den Verlag habe ich, wie das so üblich ist, eine Kopie gesendet. Was dann geschah, hat mich regelrecht umgehauen. Erst eine Mail mit einem Danke-schön des Verlags. Ok, meine Brust schwoll leicht an. Doch geschah, womit ich im Leben nie gerechnet hatte: George Tenner hat mich angerufen und sich persönlich bei mir bedankt und ebenso wioe der Verlag nachgefragt, ob ich etwas gegen den weiteren Gebrauch der Rezension einzuwenden hätte. 

Da macht doch Arbeit Spaß. Vielen Dank an denSchardt Verlag und an den Autor George Tenner. 

Weitere Rezensionen zu Werken dieses Autors folgen.

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Kerstin Schulz